Patientenaufklärung vor der ersten PSA-Bestimmung zum Ausschluss eines Prostatakarzinoms (Quelle: Leitlinien der Deutschen Urologen, AWMF 043/036)

 

Die Aufgabe der Prostata

Die Prostata liegt zwischen der Harnblase und dem äußeren Schließmuskel, der für die Urinentleerung notwendig ist und bildet den Großteil der Samenflüssigkeit. Beim Samenerguss kommt es durch eine Zusammenziehung der Prostata zur Entleerung der Samenflüssigkeit.

Das Prostatakarzinom

Das Prostatakarzinom ist ein Tumor des älteren Mannes, 80 % der Erkrankten sind über 65 Jahre alt. Im lokal begrenzten Stadium ist es durch eine radikale Operation oder eine Strahlentherapie in mehr als 80% langfristig heilbar. Leider sind bei etwa 20% der Patienten Mikrometastasen nicht zu erkennen, die zu einer den ganzen Körper einbeziehenden Krankheit geführt haben. Nicht jeder Mann verstirbt zwangsläufig an einem Prostatakarzinom, dies weiß man aus Untersuchungen z.B. von Unfallopfern oder Patienten in höherem Alter (über 75 Jahre), die an anderen Erkrankungen verstarben und einen sogenannten klinisch nicht bedeutsamen Tumor der Prostata hatten, an dem sie vermutlich nie gestorben wären. Möglicherweise hängt eine fettreiche Ernährung mit der Entwicklung eines bösartigen Prostatatumors zusammen. Eine Vorbeugung gibt es zur Zeit noch nicht. Um den Zwiespalt einer "Übertherapie" und einer sinnvollen heilenden Therapie zu überbrücken, muss die Früherkennungsuntersuchung des Prostatakarzinoms den aufgeführten Anforderungen gerecht werden.

Früherkennung des Prostatakarzinoms

Die ungefähr kastaniengroße Prostata kann mit dem Finger vom Enddarm her ertastet werden. Eine ertastete (Palpation) knotige Veränderung kann auf einen bösartigen Tumor hinweisen. Dies ist dann aber meist kein sog. "Anfangskrebs" mehr. Die Palpation entdeckt nur einen geringen Prozentsatz der Karzinome und ist untauglich als Maßnahme zur Früherkennung. Beschwerden des Wasserlassens haben eher ihre Ursache in einer gutartigen Vergrößerung der Prostata des älteren Mannes als durch Prostatakrebs. Das PSA, ein Eiweißmolekül, das zur Verflüssigung der Samenflüssigkeit notwendig ist, kann aus dem Blut bestimmt werden. bei einem PSA-Wert von z.Zt. ab 4 ng/ml wird weiter untersucht. Nicht alle erhöhten Werte deuten auf einen bösartigen Tumor hin, eine mögliche Ursache kann z.B. eine Entzündung der Prostata sein. Auch Einwirkungen auf die Prostata relativ kurz vor der Blutabgabe, wie Radfahren, Geschlechtsverkehr, Verstopfung etc., können den PSA-Wert momentan erhöhen. Hieraus kann sich eine gewisse Verunsicherung auf Seiten des untersuchten Mannes ergeben.

Auf der einen Seite kann die PSA-Erhöhung nicht durch einen bösartigen Tumor verursacht sein, auf der anderen Seite bleibt die Angst, dennoch ein Karzinomträger zu sein. Der Arzt bietet die PSA-Bestimmung an, da frühentdeckte auf das Organ beschränkte Tumoren heilbar sind. Die weitere Abklärung eines erhöhten PSA-Wertes erfolgt durch Palpation, Ultraschalluntersuchung und Gewebeentnahme aus der Prostata. Der untersuchende Urologe entscheidet anhand der Prostatagröße und des getasteten Befundes über die Anzahl der zu entnehmenden Gewebeproben, in der Regel wenigstens 8-10 Biopsien. Eine Narkose ist für diesen Eingriff nicht notwendig.

Behandlung rechtzeitig erkannter Tumoren

Bei einem gesunden Mann mit der Diagnose eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms im Alter von 50 - 70 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit hoch, am Prostatakarzinom in den nächsten 10 - 15 Jahren zu versterben, wenn es unbehandelt bleibt. Bei Karzinomentdeckung ist eine statistische Wahrscheinlichkeitsberechnung einer bereits fortgeschrittenen Krankheitssituation möglich. Liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein lokal begrenzten Tumor vor, ist eine definitive Therapie in Form der radikalen Operation oder der Strahlenbehandlung anzustreben. Bezüglich der Nebenwirkungen wie fehlende Gliedsteife, können moderne Therapieformen eine akzeptable Lebensqualität herstellen, insbesondere auch deswegen, weil die Orgasmusfähigkeit nicht grundsätzlich beeinträchtigt wird. Im Rahmen der radikalen Operation ist es häufig nicht möglich, die feinen Nervengefäße, die für die Gliedsteifigkeit verantwortlich sind, zu schonen. Eine weitere Gefahr besteht in der Verletzung des äußeren Blasenschließmuskels, so dass möglicherweise nach der Operation eine Urininkontinenz (gelegentliches Harnträufeln bis hin zur vollständigen Unmöglichkeit, Harn halten zu können) besteht. Eine Blutübertragung während der Operation kann möglich werden, da um die Prostata herum sehr viele Blutgefäße verlaufen, die in der Operation zum Teil eröffnet werden müssen. Moderne Operationsmethoden erfordern diese Maßnahme jedoch nur noch selten. Wird die radikale Entfernung der Prostata über einen Unterbauchschnitt angestrebt, so werden in der gleichen Sitzung Lymphknoten untersucht. Sind diese frei von Tumorzellen, wird die Operation durchgeführt. Sind diese befallen, so wird in Abwägung der Operationsrisiken und dem Nutzen, den der Patient hat, eine Entfernung der Prostata nicht angestrebt. Bei einer Operation vom Damm her können Lymphknoten nicht gleichzeitig entfernt und untersucht werden, sie erlaubt jedoch einen besseren Zugang für die Entfernung der Prostata. Die Gefahr einer möglichen Stuhlinkontinenz ist bei dieser Operationsmethode größer. Auch die Strahlentherapie führt in einem ähnlichen Ausmaß zur Gliedversteifungsstörung, selten zur Harninkontinenz, aber in wenigen Fällen zu unangenehmen Reizzuständen des Enddarms.

Behandlung fortgeschrittener Tumoren

Ein fortgeschrittenes Tumorstadium ist nicht heilbar. Eine Hormonentzugstherapie wird als erste Therapie sofort oder auch verzögert eingeleitet. Diese kann zum einen durch die irreversible Entfernung des Testosteron-bildenden Hodengewebes erreicht werden, zum anderen mit gleicher Wirkungsweise durch eine medikamentöse Therapie. Letztere hat den Vorteil dass sie nicht irreversibel ist und somit auch intermittierend angewendet werden kann, falls sich die zur Zeit in Studien untersuchte sog. intermittierende Therapie als vorteilhaft herausstellt. Ziel einer solchen Therapie ist es, den Prostatakrebs unter Kontrolle zu halten.

 

Zu den Nebenwirkungen der Hormonentzugstherapie gehört der Verlust der durch das männliche Geschlechtshormon stimulierten Körperfunktionen. Es kommt üblicherweise zum Verlust der Erektionsfähigkeit (Gliedsteifigkeit) und zu einem Verlust des Geschlechtstriebes, weiterhin zu individuell sehr unterschiedlich starken Hitzewallungen, mentalen Beeinträchtigungen und nachlassendem Bartwuchs, in einigen Fällen kann eine schmerzhafte Brustschwellung entstehen. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass ein derart komplexes System einen Spezialisten erfordert, der in enger Vernetzung z.B. mit Hausärzten, Strahlentherapeuten und Onkologen die Diagnostik und eine stadiengerechte Therapieberatung des Patienten durchführt, so dass der Patient eine informierte Entscheidung treffen kann. Ganz wichtige Aspekte sind auch Lebenssituation und Präferenzen des Patienten, die in die Beratung mit einbezogen werden sollen, so dass eine individuell auf den Patienten zugeschnittene Therapieentscheidung getroffen werden kann. Weitere Fragen kann jeder Urologe individuell klären.